Erfolgreich und achtsam führen
Erfolgreich und achtsam führen – unter diesem Motto stand das Treffen der Führungskräfte der St. Dominikus-Stiftung am 24. September in Speyer. Schon zum vierten Mal hat Birgit Meid-Kappner vom Zentrum für Ethik, Führung und Organisationsentwicklung im Gesundheitswesen (Zefog) das Treffen im Auftrag der Stiftung konzipiert und moderiert.
Neben der Begegnung und dem Austausch der Führungskräfte der sieben Schulen, zwei Jugendhilfe-Einrichtungen, dem Hospiz und dem St. Marien- und Annastiftskrankenhaus der Stiftung steht jedes Mal ein Thema im Mittelpunkt des Treffens. Dieses Mal ging es um Achtsamkeit. „Achtsamkeit ist einer unserer dominikanischen Werte“, sagte Schwester Gertrud Dahl bei der Begrüßung. „Es ist eine stete Notwendigkeit für uns, achtsam wahrzunehmen, was notwendig ist.
Mit dem Diplom-Psychologen Markus Schmitt vom Eichenberg Institut in Koblenz hatte Birgit Meid-Kappner einen Referenten ausgesucht, der die beiden Pole des Themas, Achtsamkeit und erfolgreich führen, authentisch zu verbinden verstand und die Führungskräfte für die Thematik sensibilisierte.
Keine Wertschätzung tut weh!
Menschen sind bedürftige Wesen. Wir kommen als hilflose Wesen auf die Welt – und werden getragen. „Nur wer geborgen und in einer Beziehung aufwächst, kann gedeihen“, sagte Markus Schmitt. Die physische Versorgung allein reiche nicht. Wertschätzsende Bindung definierte er als existenzielle Grundbedürfnisse des Menschen.“ Diese Bedürftigkeit halte ein Leben lang an und sei auch für die Führung von großer Bedeutung: „Auch in der Führung reicht es nicht, den Mitarbeiter nur mit den für seine Arbeit notwendigen Voraussetzungen zu „versorgen“. Wir sprechen hier über Halt in Zwischenmenschlichkeit“.
Dazu gehören etwa „Containing“, also dieser Prozess in der emotionalen Interaktion, der seelisches Wachstum nicht nur in der frühen Kindheitsphase, sondern auch noch in der Arbeitswelt ermöglicht. „Das ist in der Führung unterrepräsentiert“, sagte er. Führungskräften falle es schwer, die Mitarbeitenden zu „beeltern“. Der Grund: Die Angst vor einem Versagen der Mitarbeitenden. „Wir brauchen mehr Vertrauen in einen Führungsstil, der Stärken und Schwächen anspricht. Wir brauchen Vertrauen, dass Führung gelingt“, appellierte Schmitt an die Führungskräfte.
Fünf Geheimnisse unseres Erfolgs und unserer Gesundheit
Vier Stunden arbeiten können ermüden und belasten, ein zehnstündiger Arbeitstag hingegen kann unter Umständen beflügeln und bereichern. Woran liegt das? Martin Schmitt weiß die Antwort: „Die inneren persönlichen und äußeren betrieblichen Rahmenbedingungen müssen stimmen“. Folgende Punkte gehören laut Schmitt dazu:
- Wir Menschen brauchen Orientierung und Kontrolle … und brauchen dafür Informationen, Mitsprache und Handlungsspielräume. „Information und Mitsprache lebendig werden lassen, das ist moderne Führung“, sagt der Psychologe.
- Wir brauchen persönliche Erfolge als Erfahrungen von Selbstwirksamkeit (allein oder im Team) … in einer stimulierenden entwicklungsorientierten Dynamik zwischen Herausforderung und Bewältigung. „Wenn wir Menschen in guter Führung gedeihen lassen, werden sie zuversichtlicher und sie werden gerne wachsen“, gab er den Führungskräften mit auf den Weg.
- Wir brauchen Belastungen, an denen wir wachsen können (wir müssen uns einbringen) … mit Erholungsphasen sowie Kompensationsmöglichkeiten (wir müssen uns abgrenzen). Dabei dürfe Erholung nicht mit Schonung verwechselt werden. „Wahr ist: Arbeit macht gesund, weil die Selbstwirksamkeit ein unglaublicher Gesundheitsfaktor ist“, betonte Schmitt.
- Wir müssen die Sinnhaftigkeit unserer Arbeit innerhalb akzeptierter Grenzen bewusst erleben … und uns dafür komplexe Einsichten erarbeiten. Für die Führungskräfte heißt dies, so Schmitt, ständig Sinnorientierung zu geben, weil dies auf Gesundheit und Produktivität wirke. „Führungskräfte sind Gestalter von Sinnhaftigkeit“.
- Wir brauchen Beziehungen … das heißt andere Menschen. „Dabei spielt Achtsamkeit und Wertschätzung eine große Rolle“, betonte er.
Das Überforderungsparadoxon
„Vergessen Sie die Work-Life-Balance“, forderte Schmitt bewusst provokativ die Führungskräfte auf. Wenn jemand über Überforderung klage, gelte es nicht zu fragen, was das „Zuviel“ sei, sondern was dem Mitarbeitenden fehle: die Sinnhaftigkeit der Arbeit? Information? Mitbestimmung? Wertschätzung? Der Balance zwischen Geben und Nehmen? Erholung? Sozialer Austausch? „Das sind die eigentlichen Stellschrauben. Die gilt es zu ändern“, sagte er. Denn wenn jemand lediglich seine Arbeitszeit reduziere, habe er nicht weniger von den fehlenden Dingen. „Die Arbeit ist nicht zu viel, sondern den Menschen fehlt etwas“, hob Schmitt hervor. Es sei allerdings schwierig, eine gute Kultur zu etablieren. Moderne Führung heiße, achtsam zu werden für diese qualitativen Stellschrauben. Dann könnten sowohl die Produktivität als auch die Gesundheit der Mitarbeitenden gesteigert werden.
Feinde einer guten Unternehmenskultur
Die Ermüdung der Achtsamkeit benannte der Psychologe als Feinde einer guten Unternehmenskultur. Zu den fünf Feinden gehören für ihn
- die Selbstverständlichkeit des Alltags
- Enttäuschungen, die schwer zu verarbeiten sind
- die Schwierigkeit, ein ständiger Initiator einer guten Kultur sein, trotz der Mühe, die das kostet und trotz der Enttäuschungen
- die Mühe
- Unwissenheit – denn man weiß häufig einfach nicht, wie „gute Kultur geht“
„Lassen Sie gute Kultur nachhaltig lebendig werden!“, gab er den Führungskräften mit auf den Weg. Die sich anschließende lebhafte Diskussion zeigte das große Interesse der Führungskräfte an dem Thema „Erfolgreich und achtsam führen“. Die vielen positiven Rückmeldungen zum diesjährigen Treffen der Führungskräfte freuten sowohl die Schwestern und die Geschäftsführerin der Stiftung Snježana Goričkić als auch Birgit Meid-Kappner.